Die Höfe

Flensburger Kaufmannshöfe

Ein einziger Straßenzug, heute Holm-Große Straße-Norderstraße, erschloss diesen Uferstreifen. Möglichst viele Grundstücke sollten an dieser Straße liegen und gleichzeitig einen Anschluss an das Wasser des Hafens haben, damit Waren direkt umgeschlagen werden konnten. So entstanden die langen, schmalen Grundstücke, die der Altstadt noch heute die Form einer Fischgräte geben. Die Seehandelskaufleute siedelten bevorzugt an der Ostseite, da dort die Grundstücke an den Hafen angrenzten. 

Auf den Grundstücken standen zunächst die straßenseitigen Vorderhäuser mit Kontor- und Wohnräumen der Kaufleute. Daran schlossen sich Saalbauten mit repräsentativen Wohnräumen an. Es folgten zurückgestaffelte Seitenflügel, die der Lagerung von Waren und gewerblichen Aktivitäten dienten. Noch heute erinnern die vielen Kranerker an die Funktion als Packhäuser. Im späten 16. Jahrhundert, als Flensburg eine Blütezeit als Handelsstadt und eine größere Handelsflotte als Kopenhagen erlebte, war die private Bautätigkeit sehr groß. Auf vielen Höfen sind Bauteile aus der Zeit um 1600, die stilistisch zur Spätrenaissance gezählt wird, bewahrt. 

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Bebauung immer weiter verdichtet. Seit dem 18. Jahrhundert, als der Westindienhandel zu einer neuen wirtschaftlichen Blüte führte, kamen die nach ihrer Stellung „Querspeicher“ benannten Lagerhäuser hinzu. In der Zeit des Westindienhandels wurden einige nebeneinander liegende Höfe vereinigt und erhielten eine gemeinsame Straßenfassade.

Über Jahrhunderte wurde an den Höfen gebaut, erweitert, umgebaut und dem Zeitgeschmack angepasst. So entstanden bauliche Ensembles, die oft kunstvoll ausgestattet sind. Sie erzählen viel über die Geschichte und über die Handelsbeziehungen, die in das ganze nördliche Europa, nach Frankreich, England und bis in Übersee reichten.

Nicht immer waren die Flensburger höflich zu ihren Höfen. In der Nachkriegszeit wurden viele abgebrochen, weil an ihrer Stelle Kaufhäuser gebaut werden sollten oder aber ihre Sanierung angeblich nicht möglich war. Glücklicherweise hat man sich auf die Höfe besonnen und viele im Rahmen der Stadtsanierung seit ca. 1975 behutsam instandgesetzt. Künstlerhof, Brasseriehof, Roter Hof, Zuckerhof und viele andere mehr prägen das Gesicht der Flensburger Altstadt und sind nicht mehr wegzudenken. Es gibt aber immer noch sanierungsbedürftige und gefährdete Kaufmannshöfe. So spielt bei den aktuellen Flensburger Städtebauförderungsprojekten „Deutsch-Dänische Kulturachse“ und „Städtebaulicher Denkmalschutz Westliche Altstadt“ die Sanierung von Kaufmannshöfen weiter eine große Rolle.

Eiko Wenzel, 19.01.2016

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