Alter Kaufmannshof

Der langgestreckte Gebäudekomplex auf dem Grundstück Norderstraße 86 ist einer besterhaltenen Flensburger Kaufmannshöfe des 18. Jahrhunderts. 

Alle Gebäude sind bis etwa 1770 in enger zeitlicher Abfolge errichtet worden, das Vorderhaus wurde im frühen 19. Jahrhundert noch einmal verändert. In ihm befanden sich die Kontor- und Wohnräume der Kaufmannsfamilie. Die nördlichen Seitenflügel enthielten die Küche, weitere Wohnräume sowie Arbeits- und Lagerräume. In den südlichen Seitenflügeln befanden sich Stallungen. Nach Osten hin wird der Hof durch einen im Jahre 1716 erbauten Querspeicher mit Durchfahrt und Aufzugsanlage abgeschlossen, in dem sich Lagerräume und Stallungen befanden. Auf dem Hof war eine der ältesten Schnapsbrennereien der Stadt angesiedelt – hier wurde erstmals der „Bommerlunder“ hergestellt. 

1974 war der Hof in einem schlechten Bauzustand und überwiegend ungenutzt. Der in Hafennähe gelegene Querspeicher hatte starke Setzungserscheinungen. Obwohl der Hof damals außerhalb des ersten förmlichen Sanierungsgebiets in der Flensburger Altstadt lag, entschloss man sich dazu, eine Instandsetzung vorzubereiten. 

Damit beauftragte man einen erfahrenen dänischen Architekten, Karsten Rønnow aus Kopenhagen, und bildete eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Flensburger Architekten Paul Heinrich. In Dänemark besteht eine lange, ungebrochene Tradition in der Altbausanierung, die man hier nutzen konnte. Es entstanden bei der Sanierung des Kaufmannshofes in den Jahren 1975/76 insgesamt 12 Wohneinheiten und ein Laden. 

Der Erfolg dieser ersten Sanierung eines großen Kaufmannshofes hatte eine positive Vorbildwirkung für den gerade begonnenen Weg der erhaltenden Stadterneuerung in Flensburg. Aus dieser Geschichte heraus ist der Hof Norderstraße 86 bis heute der Kaufmannshof geblieben – er trägt noch immer den einfachen Namen „Kaufmannshof“. Auch aus heutiger Sicht ist es immer noch ein Vorzeigestück der Stadtsanierung, derartige Erfolge sind heute leider selten geworden. 

Eiko Wenzel